Angst vor Gruppen

Ängste bewahren uns vor Gefahren

Jeder Mensch hat Ängste, und das ist eine gute Einrichtung der Natur, denn Ängste bewahren uns vor Gefahren. Doch viele Menschen haben Ängste, die ihnen nicht helfen, sondern das Leben unnötig schwermachen. Dazu gehört die Angst vor Gruppen zu stehen bzw. die Sprechangst.


Als Sprechangst werden die Ängste bezeichnet, die beim Sprechen vor und mit anderen Personen entstehen.

Man unterscheidet zwischen Redeangst und Kommunikationsangst:

  • Bei der Redeangst steht der öffentliche Charakter des Sprechens im Vordergrund. Der Leistungsaspekt und die Möglichkeit der Bewertung des Sprechers durch die Zuhörer spielen eine Rolle.
  • Bei der Kommunikationsangst ist das Sprechen in sozialen Interaktionen generell verknüpft mit Befürchtungen des Versagens

Ängstlichkeit vor sozialen Interaktionen kann für die Betroffenen eine ernste Einschränkung der Lebensqualität zur Folge haben. Und selbst wer es schafft, hier ein für sich erträgliches Maß zu finden, wird es dann im beruflichen Zusammenhang schwer haben; denn dort ist es schlichtweg nicht immer möglich, solche Situationen zu vermeiden. Die Vortragsangst kann deshalb dazu führen, einen Beruf nicht ausüben zu können oder beruflich zu scheitern.

Die Ausprägung einer Sprechangst ist unterschiedlich. Während manche Angst davor haben, vor einer Menschengruppe zu sprechen und im Mittelpunkt zu stehen, ist es bei anderen schon ein bedrückender Moment, mit einem Vorgesetzten reden zu müssen.

Verschiedene Situationen können bei den Betroffenen dazu führen, dass sie regelrechte Panikattacken bekommen. Beispielsweise, sich in Diskussionen zu äußern oder sich fachlich an Gesprächen zu beteiligen, über Gefühle zu sprechen oder sich kritisch zu äußern, und selbst ein einfacher Smalltalk ist für den Einen oder Anderen ein Problem. Ebenso kann es problematisch sein, eigene Wünsche zu artikulieren, Forderungen anderer Personen abzulehnen oder mit autoritären Personen in Kontakt zu treten. Häufig tritt das Problem auf, wenn vor Gruppen gesprochen werden soll oder mit unbekannten Personen.

Experten definieren diese Art von Ängsten etwa so, dass die Vortragsangst eine erlernte Befürchtung ist, wie gefühlsmäßig oder körperlich auf das Sprechen vor Publikum reagiert wird, egal, ob das Publikum wirklich oder nur angenommen vorhanden ist. Das kennen viele von uns schon aus der Schule, wenn es schwerfiel, ein Gedicht vor der Klasse aufzusagen oder vorzusingen.

So macht sich die Angst vor Gruppen bemerkbar

Die Angst vor Gruppen macht sich auf drei Ebenen bemerkbar:

  • Gedanken,
  • Emotionen und
  • Verhalten.

Allein schon die körperliche Ebene ist anstrengend und verursacht unangenehme Gefühle. Denn durch das Gefühl der Bedrohung durch die anderen Menschen reagiert das Nervensystem, und schüttet Noradrenalin und Adrenalin aus. Der Körper stellt sich auf Kampf oder Flucht ein. Da man aber im Normalfall weder weglaufen noch zuschlagen möchte, behilft sich der Körper mit anderen Symptomen, wie Magen-und Darmbeschwerden, Schwitzen oder Erröten, erhöhtem Blutdruck und Puls, Anspannung der Muskeln und Ähnlichem. Hat man sich überwunden, und doch den Vortrag gehalten, zeigt sich der Körper nicht selten so erschöpft, als hätte man eine überaus große körperliche Leistung vollbracht. Solche körperlichen Reaktionen sind auch in anderen Situationen anzutreffen, wie bei Hitze oder Kälte, Fieber, sexueller Erregung oder beim Konsum von Alkohol und Medikamenten.

Doch damit man diese Zeichen als Angst wertet, müssen noch gedankliche Hürden dazukommen, wie die Vorstellung von Versagen. Bewertet man die Situation als bedrohlich und unangenehm, stellt man sich vor, „was wäre wenn“. Die gedanklichen Horrorszenarien, die wir dann erleben, befördern wiederum die körperlichen Reaktionen.

Dabei ist es unterschiedlich, ob die körperlichen Probleme vor der jeweiligen Situation auftreten, währenddessen oder erst danach. Wer sich schon zuvor der Vorstellung hingibt, dass die anderen lachen, denjenigen nicht ernst nehmen oder sich nicht für das, was er vorträgt, interessieren, muss mit solchen Angstzuständen rechnen. Die Folge ist eine Körpersprache, die dem Publikum deutlich zeigt, wie man sich fühlt.

Gedanken, die uns selbst bewerten, erzeugen schlechte Gefühle. Diese wirken sich dann wiederum auf unser Verhalten bzw. erzeugen körperliche Symptome. Das zeigt sich, indem die Stimme schwankt, zu laut oder zu leise wird, die Sprechmelodie merkwürdig mechanisch klingt und die Stimme „zittert“. Auch die Aussprache leidet, beispielsweise ist die Wortfindung verzögert oder man macht unpassende Pausen, redet zu schnell oder verspricht sich häufig. Wer unter Angst vor Gruppen leidet, holt falsch Luft, was die Zuhörer dann eventuell als „nach Luft schnappen“ wahrnehmen. Man muss sich häufig räuspern, hat einen starren Gesichtsausdruck oder vermeidet den Augenkontakt zum Publikum. Damit einher geht eine angespannte Muskulatur, oder eventuell auch eine gewisse Körperstarre.

Angst vor Gruppen kann entweder dazu führen, dass man alles zeitverzögert und zu langsam tut, oder auch zum Gegenteil, dass alles zu schnell vonstatten geht. Experten haben dafür eine Erklärung: entweder man will sich unbedingt kontrollieren, oder aber man lässt alles über sich ergehen.

Ehrlich feststellen, wo man steht

Wie bei allen Ängsten gibt es verschiedene Ausprägungen. Deshalb sollte man sich zuerst fragen, wie stark der Leidensdruck ist, der hierdurch entsteht. Je höher dieser ist, umso mehr ist man bemüht, entsprechende Situationen zu vermeiden. Doch so bleiben positive Erfahrungen aus, und die Angst wird größer. Es sollte konkret überlegt werden: wie stark leide ich unter der Vortragsangst? Wie schränkt mich diese im Privatleben ein? Muss ich deshalb auf Berufliches verzichten? Welche Situationen vermeide ich wegen meiner Vortragsangst?

Ob aktiv etwas gegen die Angst vor Gruppen unternommen wird, hängt vom Leidensdruck ab, auf den Verzicht beruflicher Chancen oder die Auswirkungen, die das Problem im täglichen sozialen Miteinander hat.

Fachliche Unterstützung suchen

Wer an sich selbst ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten entdeckt, depressive Verstimmungen erlebt oder unter körperlichen Symptomen wie Schlaflosigkeit leidet, dazu Panikattacken ertragen muss oder sogar mit Herzrasen, Magenschmerzen und so weiter kämpft, der sollte dringend professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Damit Hilfe auch wirklich nützt, sollte man sich nicht nur der Therapie gegenüber aufgeschlossen zeigen, sondern sich auch von der Vorstellung verabschieden, völlig ohne Angst zu leben. Das ist unrealistisch und erzeugt nur unnötigen Druck. Außerdem ist eine gewisse Anspannung auch wichtig für gute Leistungen. Das bekannte Lampenfieber, das viele umtreibt, selbst wenn sie beruflich vor Leuten aktiv werden (Schauspieler etwa), ist nützlich für hohe Konzentration. Das muss man sich nicht unbedingt abtrainieren wollen, zumal das ohnehin nicht sehr erfolgversprechend ist.

Weiterführende Links:

Angst vor Gruppen zu sprechen
Angst vor Menschen
Angst vor Menschen zu reden